Immunglobulin-Gene

Immunglobulin-Gene

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Einführung

I Historische Fragen

II Antworten

II.1 Leichtketten (kappa oder lambda)

II.1.1 Kappa-kette: V-J Rearrangements
II.1.2 Lamda-kette: V-J Rearrangements
II.1.3 Allelische Exklusion und Isotyp

II.2 Schwerketten

II.2.1 V-D-J Rearrangements
II.2.2 Wechsel des Isotyps

II.3 Oberflächen- und sezernierte Igs

III Schluβfolgerung

III.1. "Germline" diversität: Multigenfamilien
III.2. Diversität durch DNA-Rearrangements
III.3. Diversität als Resultat somatischer Hypermutation

Französisch
Englisch


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Einführung

Ein Immunglobulin (Ig) besteht aus 2 identischen Leichtketten (L)und 2 identischen schweren Ketten (H) (z.B. IgG-typ); räumlich bestehteine Ig-Kette aus einer N-terminalen variablen Domäne, V, und einer (imFalle einer Leichtkette) oder mehrerer (im Falle einer schweren Ketten)C-terminaler konservierter Domäne(n), C.

Die Zellen der B-zell-Linie synthetisieren Immunglobuline. Siewerden entweder an der Oberfläche eines B-Lymphozyten produziert oderwerden von Plasmozyten sezerniert.

Siehe auch: IMGT Education - Fig 1

 

I. Historische Fragen

Sobald die Hauptcharakteristika von Immunglobulinen entdeckt worden waren, stellte sich eine Anzahl von Fragen:

A

  • Antigene sind hochvariabel; um auf sie reagieren zu können,müssen Immunglobuline ebenfalls hohe Variabilität aufweisen (es gibt 1011 bis 1012verschiedenen Igs!), was der Diversität der Aminosäuren derN-terminalen Teile der L- und H-Ketten entspricht (= der variablenDomänen).
  • Entspricht dies einer hohen Diversität der für dieImmunglobulin kodierenden Gene? (Dies entspäche dem Modell derKeimbahn: 1 Gen = 1 Ig-Kette; in dem Fall wären viele Gene einbezogen.Sie könnten auch durch Duplikation von Vorläufergenen entstanden sein;aber das gesamte humane Genom würde nicht ausreichen, alleImmunglobuline zu kodieren!).
  • Reflektiert es eine Akkumulation von Mutationen? (Entsprächedem Modell bzgl der Theorie der somatischen Mutationen: in dem Fallwären nur wenige Gene einbezogen, aber viele somatische Mutationenmüssten stattfinden um die Diversität der Immunglobuline zugewährleisten, die produziert werden; dieses Modell würde jedoch denallgemein akzeptieren Prinzipien der Genetik widersprechen).
  • Entspricht es einem Mechanismus, der den Immunglobulin-Genen zueigen ist?

B

  • Während der Differenzierung produziert eine B-Zelle zuerstmembrangebundene Immunglobuline an der Oberfläche des B-Lymphozyten,danach produziert sie die Immunglobuline, die vom Plasmozytensezerniert werden. Die Aminosäuresequenz der schweren Ketten vonmembrangebundenen und sezernierten Igs unterscheidet sich nur an ihremC-terminalen Ende: sind in beiden Fällen dieselben Gene involviert?

C

  • Eine B-Zelle exprimiert zuerst IgM an der Oberfläche undkann danach, während der Differenzierung, eine andere Ig-Klasseexprimieren (IgG, IgE oder IgA) (dieser Mechanismus ist bekannt als"isotype switch" = Wechsel des Isotyps); wie geschieht dieser Wechsel?Wie können wir erklären, daβ, unabhängig des produziertenImmunglobulinisotyps, dieselbe spezifische antigen-variable Domäne(derselbe Idiotyp) exprimiert wird?

D

  • Eine B-Zelle synthetisiert einen einzigen Typus vonschweren und leichten Ketten, obwohl das Genome 2 Chromosomen (2Allele) für jeden Ig Locus hat; allelische Exklusion muβ dahervorkommen, damit ein hemizygoter Phänotyp produziert wird; wiegeschieht diese allelische Exklusion?

E

  • Schlieβlich, wenn die variable Region Mutationen unterliegt, warum gibt es dann keine in den konstanten Regionen?
  • Verschiedene Methoden der Molekularbiologie undGenklonierung in Mäusen und Menschen wurden verwendet um die Antwortenzu diesen Fragen zu bekommen; wir werden unsere Diskussion auf diehumanen Immunglobuline beschränken.

 

II. Antworten

II.1. Leichtketten (kappa oder lambda)

II.1.1. Kappa-kette: V-J Rearrangements

  • IGK (kappa) Gene liegen auf 2p11 auf dem Chromosom 2.
  • Multiple IGKV Gene für die variable Region, V (76 Gene, vondenen 31-35 funktionell sind); 5 IGKJ Gene für die "junctional region"J; ein einziges IGKC Gen für die konstante Region; die V, J und C Genesind in der genomischen DNA getrennt ("Keimbahn"konfiguration derIg-Gene).
  • Es sind Multigenfamilien (siehe auch das Kapitel überGenfamilien innerhalb der Globingene "...Duplikationen derVorgängergene folgten aufeinander und Mutationen in jedem der Geneführten zu einem bestimmten Grad an Diversität. Viele dieserduplizierten Gene sind funktionell....").
  • Zuerst wird die DNA rearrangiert: dies ermöglicht es, ein Vmit einem J zu verbinden; die dazwischenliegende DNA wird deletiert.
  • Die prä-messenger RNA wird kopiert (Transkription) inklusive der Introns.
  • Danach erfolgt splicing: die Introns werden eliminiert von der prä-messenger RNA, was in der reifen/fertigen mRNA resultiert.
  • Dieser Prozess wird gefolgt von der Proteinsynthese (genannt Translation).
  • Es ist essentiell, DNA Rearrangements nicht mit RNA splicing zu verwechseln.
  • Beachte: Nur die Gene der Immunglobuline und T-Zell-Rezeptoren unterliegen DNA Rearrangement.

    Siehe auch : IMGT Education - Fig 2

  • V-J Rearrangements passieren an the Rekominationssignalen(RS), die eine heptamere Sequenz (7 Nukleotide) und eine nonamereSequenz (9 Nukleotide) beinhalten, die durch einen Spacer getrenntsind.

    Jedes IGKV-Gen wird unterhalb (an der 3’ Position) von einem RSbegrenzt, das aus einem CACAGTG Heptamer besteht, gefolgt von einem 12bp Spacer und dem ACAAAAACC Nonamer.

    Jedes IGKJ-Gen wird oberhalb (5’ vom J Gen) von einem RSbegrenzt, das, in einer Abfolge 5’ – 3’, aus einem GGTTTTTGT Nonamer,einem 23 bp Spacer und einem CACTGTG Heptamer besteht.

  • Siehe auch: IMGT IMGT Education - Fig 3

 

II.1.2. Lamda-kette: V-J Rearrangements

  • IGL (Lambda)–Gene befinden sich auf Position 22q11 auf demChromosom 22; der Mechanismus des V-J Rearrangements ist derselbe wiefür die IgK-Gene; die Rearrangements passieren zwischen einem von 29bis 33 funktionalen IGLV-Genen und einem J-Gen; Es sollte beachtetwerden, daβ 4-5 funktionale IGLC-Gene vorhanden sind, jedem von ihnenistein IGLJ-Gen vorangestellt.

 

II.1.3. Allelische Exklusion und Isotyp

  • Allelische Exklusion kan z.T. durch die zeitliche Abfolgeder Rearrangements erklärt werden und z.T. durch dieOberflächenexpession eines funktionalen Immunglobulins, welchesRearrangements verhindert und dadurch die Expression einer zweitenKette. Nur ein Chromosom 14 und ein Chromosome 2 (oder 22) sind daherproduktiv (Antwort auf Frage D).

 

II.2. Schwere Ketten

  • IGH (schwere Ketten)-Gene befinden sich auf 14q32 auf Chromosom 14.
  • Es gibt 11 IGHC-Gene, von denen 9 funktionell sind (IGHM,IGHD, IGHG1, IGHG2, IGHG3, IGHG4, IGHA1, IGHA2 und IGHE) bzw den 9Schwerketten-Isotypen μ, δ, γ1, γ2, γ3, γ4, α1, α2 und ε entsprechen.

 

II.2.1. V-D-J Rearrangements

  • DNA Rearrangements zwischen einem von 38 bis 46funktionellen variablen IGHV-Genen, einem der 23 Diversitäts-Gene(IGHD) und einem von 6 funktionellen Junktions-Genen (IGHJ): es gibtauch RSs, diese sind unterhalb (3’) der V-Gene lokalisiert, auf beidenSeiten der D-Gene und oberhalb (5’) der J-Gene. Während desV-D-J-Rearrangements wird zuerst eine Verbindung zwischen 1 D und 1J-Gen gebildet, danach zwischen 1 V-Gen und dem D-J-Komplex.
  • Siehe auch: IMGT Education - Fig 4

  • Beachte: Es gibt 2 oder 3 open reading frames der D-Gene;jedes kann für 2 oder 3 verschiedenen Peptidsequenzen kodieren.Ebenfalls charakteristisch für die V-D-J-Verbindungsstellen sindNukleotiddeletionen (durch eine Exonuklease) und die zufällige Anfügungvon Nukleotiden (durch TdT, der terminalen deoxynukleotidylTransferase); die V-Regionen, die daraus resultieren, sind alsonicht direkt durch das Genom eines Individuums kodiert, und sie erhöhendie Diversität der V-D-J Regionen der variablen Domänen der schwerenKetten der Immunglobuline beträchtlich.

 

II.2.2. Wechsel des Isotyps

  • Im prä-B Lymphozyten wird zuerst eine mu-Kettesynthetisiert, da das konstante IGHM-Gen nahe am V-D-J-Rearrangementlokalisiert ist. Die mu-Kette wird mit einer Pseudo-Leichtketteverbunden und diese Kombination stellt den prä-B Rezeptor dar. Daserste komplette Ig, das durch einen B-Lymphozyten synthetisiert wird,ist ein IgM, in dem die mu-Kette mit einer kappa- oderlambda-Leichtkette kombiniert wird.
  • Während der Differenzierung kann ein B-Lymphozyt einenanderen Isotyp oder Sub-isotyp des Ig exprimieren. Dies beinhaltet denAustausch eines IGHC-Gens durch einen anderen als Resultat vonDNA-Rekombination (isotyp switch) begleitet von der Excision desgesamten dazwischenliegenden Teils der DNA, die eine Deletions-Schleifebildet. Diese Excision geschiet an den switch Sequenzen (dieseSequenzen spielen eine Rolle ähnlich den RSs).
  • Die normale Abfolge von Ereignissen danach ist: Syntheseder prä-messenger RNA, splicing der Introns resultierend in der reifenRNA gefolgt von Proteinsynthese.
  • Dies erklärt, warum 1) ein B-Lymphozyt zuerst einen IgMsynthetisieren kann und danach, während seiner Differenzierung, einenIgG (IgG1, IgG2, IgG3 oder IgG4), einen IgA (IgA1 oder IgA2), odereinen IgE , und 2) daβ er dasselbe V-D-J-Rearrangement beibehält unddaher dieselbe Antigenerkennungsstelle (Idiotyp) (Antwort auf Frage C).
  • Siehe auch : IMGT Education - Fig 5 und : IMGT Education - Fig 6

 

II.3. Oberflächen- und sezernierte Igs

  • Alternatives Splicing der prä-messenger RNA der Schwerkettenergibt entweder eine membrangebunde schwere Kette oderOberflächenschwerkette (Membran IG der B Lymphozyten), oder einesezernierte Schwerkette (von Plasmozyten sezerniertes Ig), das dasselbeV-D-J-Rearrangement enthält (Idiotyp) und dieselbe konstante Region(Isotyp) (Antwort auf Frage B).
  • Siehe auch : IMGT IMGT Education - Fig 7

  • Beachte: derselbe Mechanismus (alternatives Splicing derprä-messenger) exprimiert die IgMs und IgDs derselben B-Zelle(Situation einer reifen B Zelle, die das Knochenmark verlt und überden BLutkreislauf die Lymphknoten erreicht).

 

III. Schluβfolgerung

III.1. Keimbahndiversität: Multigenfamilien

  • "Keimbahn"diversität ist abhängig von der Anzahl der Geneauf jedem Locus. Diese sind Genfamilien, die die Wahlmöglichkeitzwischen ähnlichen funktionellen Sequenzen bieten. Möglicheintergenische Rekombination erlaubt die Langzeitevolution eines Locusmit Duplikation oder Deletion der Gene.
  • Diese Gene unterliegen intragenischen Konversionen undRekombinationen, die zu einer Mischung und Diversität (Polymorphismus)zwischen Individuen führen.
  • Das Vorhandensein mehrerer open reading frames, im Falleder IGHD-Gene, erhöht die Wahlmögklichkeit zwischen ähnlichenfunktionellen Sequenzen noch mehr.

 

III.2. Diversität durch DNA-Rearrangements

  • Kombinationsdiversität – im mathematischen Sinne derDefinition – erlaubt potentiell die Synthese von millionenImmunglobulinen. Die IgH-Gene erlauben die Synthese von ca. 6000schweren Ketten, die IGK- oder IGL-Gene wiederum stellen ungefähr 160Leichtketten, was etwa einer Million möglicher Kombinationen entspricht(6 x 10 3 x 160).

 

  • Dazu kommt, daβ während der Rearrangements der IGHSchwerketten N-Regionen eingefügt werden bzw eines der reading framesder D-Gene an den V-D-J Verbindungsstellen verwendet werden kann.Während der IGK oder IGL Rearrangements der Leichtketten gibt esFlexibilität der V-J Verbindungen. Diese Mechanismen tragen zu einererhöhten Diversität um einem Faktor 103 - 104 bei (potentielle Synthese von 109 Ig Ketten).

 

III.3.Diversität als Resultat somatischer Hypermutation

SomatischeMutationen sind äuβerst häufig (somatische Hypermutationen) undproduzieren sehr gezielte Charakterisierung der rearrangierten V-J undV-D-J Gene der Ig, der Startmechanismus für somatische Hypermutationist allerdings noch nicht geklärt. AID (activation-induced cytidinedeaminase) könnte sowohl bei der Entstehung der Mutationen und desswitch Mechanismus eine Rolle spielen. Die Mutationen erscheinenwährend der Differenzierung der B-Zelle in den Lymphknoten und tragenzu der erhöhten Diversität der Igs durch einen weiteren Faktor von 103 bei, was es ermöglicht, eine potentielle Diversität von 1012 verschiedenen Igs zu erreichen (Antwort auf Frage A).

Diese verschiedenen Mechanismen der Diversität machen es möglich, 1012 verschiedenen Immunglobuline zu erlangen, die auf mehrere Millionen bekannter Antigene reagieren können (Antwort auf Frage A).

Die Anzahl der verschiedenen Igs is allerdings limitiert durch die Anzahl der B-Zellen einer gegebenen Spezies.

 

Für weitere Details, siehe auch: IMGT Génétique Moléculaire des Immunoglobulines
und:
The Immunoglobulin FactsBook, MP Lefranc and G Lefranc, Academic Press, 2001. ISBN 0-12-441351-X.

 

Ubersetzung : Katrina Vanura


Contributor(s)

Written2002-03Marie-Paule Lefranc, Jean-Loup Huret
IMGT, LIGM, IGH, UPR CNRS 1142, 141 rue de la Cardonille, 34396 Montpellier Cedex 5, France

Citation

Lefranc MP, Huret JL

Atlas of Genetics and Cytogenetics in Oncology and Haematology 2002-03-01

Immunglobulin-Gene

Online version: http://atlasgeneticsoncology.org/teaching/30114/immunglobulin-gene