I.1 Entwicklungsgene in DrosophilaI.2 Skelettentwicklung beim Menschen
II.1 Signalmoleküle involviert in der Determinierung von Sklerotom zu KnorpelII.2 Rolle der Hox-Gene in der Regulation vertebraler Segmente
III.1 Dreidimensionale Differenzierung der ExtremitätenknospenIII.2 Rolle der FGF und ihrer Rezeptoren in der ExtremitätenentwicklungIII.3 Rolle der Hox- und BMP-Gene in der Entwicklung der Extremitätenknospen
IV.1 Signalmoleküle der craniofacialen Entwicklung
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I. Einführung
Unser Verständnis für die genetische und molekulareKontrolle der Entwicklung in Vertebraten hat sich während der letzen 10Jahre durch die Entdeckung dramatisch vergrert, daβ molekulareProzesse, die die Entwicklung von Evertebraten kontrollieren, währendder Evolution konserviert wurden und auch in Vertebraten gefundenwerden kann. Wichtige Entwicklungsgene wurden identifiziert, die nichtnur in ihrer Sequenz hnlichkeiten sondern auch in ihrer molekularenFunktion aufweisen und zwar in so unterschiedlichen Oranismen wie C. elegans, Drosophila ,Mäusen und Menschen. Es ist nun klar, daβ epigenetische Entwicklungdurch eine Kaskade von Genexpression reguliert wird. Früh agierendeRegulatorgene initiieren den Entwicklungsprozess und induzieren dieExpression anderer nachfolgender Gene.
I.1 Entwicklungsgene in Drosophila
In den frühen 80er Jahren ermöglichte die phenotypische Analysevon Drosophilamutanten die Identifikation von mehr als 50Entwicklungsgenen, die in 3 Groβgruppen fallen:
1-Die Polaritätsgene wirken entlang der antero-posterior unddorso-ventral Achse, ihre Mutation bewirkt fehlerhafte Polarität desgesamten Embryos (zB: bicaudal).
2-Die Segmentationsgene sind in der Bildung der 14 Segmenteinvolviert (3 Kopfsegmente, 3 Thoraxsegmente und 9 Abdominalsegmente).Diese in der Zygote aktiven Gene wurden 3 verschiedenen Klassenzugeordnet, nämlich "gap genes", "pair rule genes" und "segmentpolarity genes".
3-Die Homeogene kontrollieren die Identität von Segmenten und bildenden homeotischen HOM-C-Komplex, welcher 2 separate Cluster umfasst:Bithorax (BX-C) und Antennapedia (ANT-C).
I.2 Skelettentwicklung beim Menschen
In diesem Kapitel wird die klassische Embryologie der 3Skelettelementtypen dargestellt, die aus 3 unterschiedlichenembryonalen Linien entsteht, und der Beitrag einiger Signalfaktoren inder Regulation der Skelettmorphogenese diskutiert.
II. Entwicklung des Axialskeletts
Der ventrale Teil der Sklerotome umgibt den Notochord (dieChorda dorsalis) und bildet die Wirbelanlage. Der dorsale Teil desSklerotoms umgibt die Neuralröhre und bildet die Wirbelbogenanlage.
II.1 Signalmoleküle beteiligt an der Determitierung eines Sklerotoms zu Knorpel
Die Segmentation und Differenzierung der somitischenUntereinheiten wird von regulatorischen Genen und Wachstumsfaktorenkontrolliert, die durch spezifische induktive Mechanismen wirken.
Die erste Signal für die Sklerotominduktion scheint ein Chorda dorsalis-produzierter Faktor zu sein, der Sonic hedgehog (Shh) genannt wird. Pax1 und Pax9 mediieren Interaktionen zwischen Chorda und den sich entwickelnden Sklerotomen.
Zwei basic Helix-Loop-Helix Transkriptonsfaktoren, Twist und Scleraxis, sind ebenfalls im Sklerotom exprimiert.
II.2 Rolle der Hox-Gene in der Regulation vertebraler Segmente
Die entsprechende Differenzierung der Zervikal-, Thoraxlumbar- und Sakralwirbeln benötigt sequentielle Expression der Hox-Gene. Im Menschen besteht der Hox-Gen-Komplex, der dem DrosophilaHOM-C Komplex homolog ist, aus 39 Genen, die in 4 chromosomalenClustern organisiert sind (A, B, C und D). Die Gene werden in 13paraloge Familien unterteilt, basierend auf Proteinsequenzähnlichkeitenund darauf, daβ Gene an den 3’ Enden der Cluster während derEmbryogenese früher exprimiert werden als ihre 5’ Nachbarn. Obwohl eineextensive Funktionsüberschneidung zwischen Hox-Genen zu existierenscheint, haben Mutationsexperimente in Mäusen relevante Informationenzu deren Rolle zutage gebracht. Nullmutation von Hoxc-8 führtzur Transformation des 1. Lendenwirbels in einen 14. Brustwirbel, auchverschmolz die 8. Rippe mit dem Sternum. Loss-of-Function Allele von Hoxb-4, Hoxa-2 und Hoxd-3induzieren ebenfalls Wirbeltransformationen, die die Hypotheseunterstützen, daβ Hox-Gene verantwortlich für die Modifizierung einesallgemeinen Wirbelmoduls sind und dadurch die Identität jedes Wirbelsdefinieren.
III. Entwicklung der Extremitäten (Gliedmaβenskelett)
Zellen des lateralen Plattenmesoderms (LPM) und Zellen der lateralen Kanten naher Somiten wandern zum Extremitätenfeld. Die Extremitätenknospen beginnen als kleine Austülpungen, die aus der lateralen Körperwand herausragen. Jede Extremitätenknospe besteht aus einem mesenchymalen Kern aus Mesoderm, der von einer Ektodermkappe bedeckt ist. Das Ektoderm an der Spitze der Knospe verdickt sich und bildet eine spezialisierte Struktur, die Apikalleiste oder Apikalfalte (apical ectodermal ridge (AER)) genannt wird.
Diese Struktur bewirkt kontinuierliches Extremitätenknospenwachstumentlang der proximo-distal (P-D) Achse (von Schultern zu den Fingern).Gleichzeitig mit der Verlängerung entlang der P-D Achse wird dieExtremität entlang der dorso-ventral (D-V) Achse abgeflacht (Handrückenzu Handfläche) und wird entlang der antero-posterio (A-P) Achseasymmetrisch (Daumen zu kleinem Finger). Das proximalste Element(Stylopode) beginnt zuerst zu differenzieren, gefolgt von derprogressiven Differenzierung der distaleren Strukturen (Zeugopode undAutopode). Dieses Wachstum und die Musterung sind abhängig von derEtablierung und Aufrechterhaltung dreier Signalzentren in derExtremitätenknospe:
1) der AER, eines Epithels, welches an der distalen Kante der Knospe in anterior-posteriorer Richtung verläuft;
2) der Polarisierungszone (zone of polarizing activity (ZPA)) im Mesenchym an der posterioren Kante der Knospe;
3) der nicht zum AER gehörende Ektodermanteil der Knospe.
III.1 Dreidimensionale Differenzierung der Extremitätenknospen
Die Extremitätenknospen in Vertebraten wachsen in Richtung derproximodistalen, dorsoventralen und craniocaudalen (antero-posterior)Achsen und benötigen Positions-Signalmoleküle.
III. 2 Rolle der FGF und ihrer Rezeptoren in der Extremitätenentwicklung
Die FGF-Familie besteht aus zumindest 24 Mitgliedern. DieProteine, die von 24 verschiedenen Genen kodiert werden, sind vonvariabler Länge (155-268 Aminosäuren) und beinhalten eine konservierte"Kern" – Sequenz von about 120 Aminosäuren, die die Fähigkeit in sichträgt, Heparin oder Heparansulfat-Proteoglycane (HSPG) zu binden.Sezernierte FGF können HSPG (low affinity Rezeptoren) binden wieSyndecane, Glypican und Perlecan, die an der Zelloberfläche lokalisertsind und ihre Fähigkeit beschränken, weit von den Zellen weg zudiffundieren. Das erlaubt auch ihre Bindung zu high affinityRezeptoren, den Fibroblastwachstumsrezeptoren (FGFRs), die eine Familievon 4 Transmembran-proteintyrosinkinasen bilden. Die Bindung von FGF toMonomeren von FGFR induziert Rezeptordimerisation und aktiviert dieTyrosinaktivität, welche wiederum Signaltransduktion auslöst. Zumindest5 FGF (FGF2, FGF4, FGF8, FGF9 und FGF10) und 2 FGFR (FGFR1 und FGFR2)sind während der Extremitätenknospeninitiation exprimiert.
FGFs, die in der Apikalleiste produziert werden, haben 2 Hauptfunktionen.
Eines der Ziele für FGF Signalketten aus der Apikalleiste ist FGF10,das im distalen Extremitätsknospenmesenchym exprimiert wird. DieserFaktor kann mit FGF8 interagieren und dürfte dadurch eine positiveFeedback-Schleife zwischen FGF10 und FGF8 darstellen. Diese reziprokeRegulation könnte durch 2 Isoformen von FGFR2 mediiert werden, FGFR2b(das nur FGF10 bindet) und FGFR2c, (das FGF8 bindet). Ein neueresModell wurde vorgeschlagen, in welchem FGF10, das im Mesencham derExtremitätenfelder produziert wird, in das Ektodern diffundiert, wo esFGFR2b bindet und FGF8 im Ektoderm induziert. FGF8 wiederum diffundiertins Mesoderm und aktiviert FGFR2c, welches die Hochregulierung vonFGF10 bewirkt. Danach zirkuliert FGF10 weiter, was in der Induktion derExtremitätenknospe resultiert.
Daher scheint FGFR2 essentiell für die Extremitätenknospeninitiationzu sein, während FGFR1 eine essentielle Rolle während mehrerer Phasender Extremitätenentwicklung spielen dürfte. Diese Feststellung basiertauf dem Studium von Mausmodellen und Expressionsmustern, die einewichtige Funktion von FGFR1 in der Spezifikation der P-DAchsenformierung enthüllt haben. FGFR1-mediierte Signale sind für dieAufrechterhaltung von ZPA und Progresszonen-Aktivitäten notwendig.
III. 3 Rolle der Hox- und BMP-Gene in der Entwicklung der Extremitätenknospen
Einige der FGF zusammen mit Shh können die Expression des bone morphogenetic protein (Bmp-2) udn 7) und der Hox-Gene beeinflussen, vor allem Hoxd-12 und Hoxd13. Letztere 2 Gene sind Mitglieder des Hoxd Komplexes und innerhalb des distalen Handgelenks (Hoxd12) und innerhalb von Hand und Fingern (Hoxd12 und 13) exprimiert. Die Rolle des Hoxd13Gens in der proximodistalen Differentiation von Extremitätensegmentenwurde dadurch gezeigt, daβ Mutationen im humanen Gen die Metacarpalenin Carpale transformieren und die Metatarsale in Tarsale.
Nach einem Prozss genannt endochondrale Ossifikation entwickeln sichdie Skelettelemente der Extremität aus einem säulenähnlichenmesodermalen Kondensat, das entlang der langen Achse derExtremitätenknospe erscheint. Mesenchymale Zellen kondensieren zu einer"prächondrogenischen" Struktur. Prächondrozyten im prächondrogenischenKondensat differenzieren in Chondrozyten als Antwort aufWachstumsfaktoren und sezernieren Moleküle charakteristisch für dieextrazelluläre Matrix, wie z.B. Kollagen typ II und Aggrecan (eingroβes Proteoglycan). Die Initialphase der Chondrifikation resultiertin der Bildung einer Knorpelhülle, des Perichondriums. DasPerichondrium, in dem Bmp-2, 4 und 7 undParathyroidhormon/Parathyroidhormon-verwandte Peptid Rezeptoren(PTH/PTHrPR) exprimiert sind, inhibiert die Chondrozytenproliferationund –reifung und hilft dadurch, Wachstum und Differenzierung vonknorpelbildenden Elementen zu kontrollieren.
Im Laufe des Knorpelwachstums können verschiedenen Zonenunterschieden werden, die die fortschreitende Differenzierung derChrondozyten markieren.
Defektes Knorpelwachstum kommt in einem weiten Spektrum vonKrankheiten vor, genannt Chondrodysplasien, die gewöhnlich inZwergwuchs von unterschiedlicher Ausprägung resultieren. Die häufigstedieser Erkrankungen ist Achondroplasie, eine dominant genetischeErkrankung verursacht durch eine wiederholt auftretende aktivierendeMutation der Transmembrandomäne von FGFR3, die Chondrozytenwachstum und–differenzierung schädigt.
IV. Entwicklung des Schädels
Der Schädel des Menschen besteht aus Chondrocranium (Neurocranium), membranösen Knochen und Viscerrocranium.
Die Skelettelemente der Kieferbögen stammen von der Neuralleisteund der Lateralplatte des Mesoderms ab. Richtige Entwicklung derKieferbögen ist abhängig von der Expression der Hox-Gene. Hoxa2-Genaktivierungbewirkt das Ersetzen des 2. Kieferbogens durch ein dupliziertes Setproximaler Elemente des ersten Kieferbogens. So erlaubt Hoxa2normalerweise die endochondrale Ossifikation nur im 2. Bogen, währendsowohl endochondrale als auch membranöse Ossifikation im 1. Bogenstattfinden. Andere Faktoren dürften in der Differenzierung derKieferbögen eine Rolle spielen, z.B. Prx1 und 2 (2 nahverwandte paired class Homeoboxgene), und Homeodomänproteine der Dlx Familie (Dlx1, 2, 3, 5 und 6). Dlx-Gene könnten das lokale Schicksal von Kieferbogenektomesenchym bestimmen. Mäuse ohne Dlx5zeigen craniofaciale Abweichungen mit verzögerter Ossifikation desSchädeldachs, was multiple Rollen dieses Gens in den branchialen Bögen/Kieferbögen vermuten lt.
Die Signalketten, die in der Regulation von Schädeldachwachstum undSchädelnahtmorphogenese eingebunden sind, werden auch nach und nacherforscht. Involviert sind verschiedene Transkriptionsfaktoreninclusive MSX1 und 2 (2 Msh-ähnliche Homeobox-Gene), Shh, Bmps (Bmp-2 und 4), TGFβ und Twist, aber auch die Tyrosinkinasenrezeptoren FGFRs und ihre Liganden FGFs.
Die Wichtigkeit der FGF/FGFR Signalketten in der Entwicklung desmenschlichen Schädels wurde dadurch entdeckt, daβ frühzeitigeVerschlüsse der Schädelnähte, die in Kraniosynostosen resultieren(Apert, Crouzon und Pfeiffer Syndrome sind die häufigsten), oft durchMutationen in den FGFR Genen verursacht werden. Die meisten Mutationengibt es in FGFR2, die für die meisten wenn nicht sogar alle Fälle vonApert und Crouzon Syndrom verantwortlich sind. Mutationen in FGFR1 undFGFR3 konnten in einigen Fällen der syndromischen Kraniosynostoseidentifiziert werden (Pfeiffer und Muenke Syndrome). Die meisten dieserMutationen scheinen eine Liganden-unabhängige Aktivierung des Rezeptorszu induzieren, aber könnten auch Ligandenspezifität verändern. Daherdürfte FGFR einen Schlüsselrolle in der Proliferation-Differenzierungvon osteogenischen Stammzellen in den fötalen Koronarnaht zu spielen.FGFR2 würde in proliferierenden Zellen exprimiert, während der Beginnder Differenzierung durch die Hochregulierung von FGFR1 begleitet wäre.Kraniosynostosis kann auch durch Mutationen in MSX2 verursacht werden. Sowohl MSX1 als auch MSX2 sind in den Nahtmesenchymen exprimiert und werden von Bmp4 induziert und, wie in Mäusen, die FGFR 2(IIIb) isoform defizient sind, ist MSX1-Defizienz begleitet von einem fehlerhaften Unterkiefer, Unterbrechung des MSX2 Gens wiederum resultiert in einen zentralen Defekt des Stirnbeins. Daher scheint eine korrekte Dosis von MSX2kritisch zu sein für normale osteogenische Differenzierung imSäugerschädel. Zusammengefaβt scheint, daβ konservierte Signalketteninklusive Bmps, Msx und FGFs/FGFRs die Gewebeinteraktionen während derNahtmorphogenese und die intramembranöse Knochenformation desSchädeldachs regulieren. Daβ FGFRs sowohl in Kraniosynostose undExtremitäten-Veränderungen (Achondroplasie, Thanatophorische Dysplasie)involviert sind, unterstützt die Hypothese, daβ Craniofacial- undExtremitätenentwicklung gemeinesame Signalketten verwenden, die jedochim Menschen noch zu erforschen sind.
V. Schluβfolgerung
Groβer Fortschritt wurde in der letzen Zeit bzgl desVerständnisses Extremitätenentwicklung erzielt, eines der bestenModelle der Morphogenese. Nichtsdestoweniger bleiben die spezifischenZielgene, die durch die Hox-Gene, die Wachstum und Musterungvon Skelettelementen beeinflussen, reguliert werden, unbekannt.Wichtige Hinweise wurden dahingehend erzielt, daβ sezernierteSignalmoleküle (FGFs, Bmps, Wnts, Shh) durch die Induktion von Antagonisten in responsiven Zellen ihre eigene Aktivität beschränken. Die Aktivierung von Shh/FGF-Schleifen könnte von der kompetitiven kombinatorischer Assoziationen von nacheinander exprimierten distalen Hox-Proteinenmit Meis-Pbx-Komplexen herrühren. In den nächsten Jahre sollten, durchkomplementäre Ansätze inklusive chirurgischer Manipulationen,ektopischer Expressionsstudien und Zielgenunterbrechung, neueInformationen über die Mechanismen der Skelettentwicklung gewonnenwerden.
Ubersetzung : Katrina Vanura
Bonaventure J
Atlas of Genetics and Cytogenetics in Oncology and Haematology 2001-09-01
Skelettentwicklung beim Menschen
Online version: http://atlasgeneticsoncology.org/teaching/30152/skelettentwicklung-beim-menschen