Maligne hämatologische Erkrankungen werden wie folgteingeteilt:
Nach dem klinischen Verlauf :
chronische Leukämien
akute Leukämien
Nach der Zelllinienzugehörigkeit:
lymphatische Zelllinie: B oder T
myeloische Zelllinie:
chronische myeloproliferativeErkrankungen (CMPE): quantitative Veränderungen des Blutbildes
myelodysplastische Syndrome:qualitative Veränderungen des Blutbildes
akute myeloische Leukämien (AML, oder akutenicht-lymphatische Leukämien, ANLL)
Nach dem Ort der Entstehung:
Leukämie: im Knochenmark;schwemmt ins periphere Blut aus
Lymphom: im Lymphknoten; schwemmt in Knochenmark undperipheres Blut aus
Zytomorphologie und -chemie (nach der FAB(French-American-British) Klassifikation der Leukämien),Immunphänotyp und Zytogenetik (MIC) erlauben eine spezifischeEinteilung.
Chronischemyeloische Leukämie (CML)
Maligner monoklonaler Prozess, dereine pluripotente hämatopetische Vorläuferzelle involviert(daher sind die meisten der hämatopoetischen Zellreihenbetroffen)
Splenomegalie, Leukozytose,Basophilie, unreife Zellen im peripheren Blut (pathologischeLinksverschiebung) , niedrige alkalische Leukozytenphosphatase(ALP), hyperzelluläres Knochenmark mit Vermehrung dergranulozytären Reihe
Prognose: chronische Phase, Übergang in akzeleriertePhase, gefolgt von einer Blastenkrise mit dem Bild einer akutenLeukämie; das mediane Überleben betrug etwa 4 Jahre, bevorgeeignete Therapieverfahren zur Verfügung standen
Chromosomenaberrationen:
t(9;22)(q34;q11)
verkürzt erscheinendesChromosom 22, nach dem Ort der ErstbeschreibungPhiladelphia-Chromosom (kurz: Ph) benannt
führt zur Zusammenlagerung(eines Teils) eines Onkogenes, ABL,lokalisiert in 9q34, mit einem (Teil eines) anderenOnkogens, BCR (breakpointcluster region), in 22q11 --> Entstehung eines neuen, hybriden 5'BCR-3'ABL-Gens
das normale ABL-Gen wird in eine6-7kb m-RNA transkribiert und in ein 145 kDa Protein translatiert,eine Tyrosinkinase
das aus der Translokation t(9;22)resultierende hybride BCR-ABL-Gen wird zumeist in eine 8,5 kb m-RNAtranslatiert und in ein 210 kDa Protein transkribiert, das imVergleich zum ABL-Protein folgende Charakteristika hat: 1) vermehrteProteinkinaseaktivität 2) erhöhte Halbwertszeit
In einem Teil der Fällekommen variante Translokationen vor; ein drittes Chromosom kannbeteiligt sein (z.B.: t(1;9;22)); eine Beteiligung von Chromosom 9oder 22 kann maskiert sein (z.B.: t(12;22)); sogar ein normalerKaryotyp kann vorliegen ("Ph-negative CML"); in allendiesen Fällen ist immer das hybride BCR-ABL-Gen vorhanden(andernfalls ist es eher KEINE CML!)
die Translokation t(9;22) ist fürdie CML spezifisch; aber sie ist nicht pathognomonisch, da sie auchbei ALL und AML gefunden werden kann
zusätzliche Aberrationen : meistens erst in derBlastenkrise vorhanden, können aber auch bereits in chronischerPhase vorkommen; hauptsächlich: +Ph, und/oder +8, und/oderi(17q), und/oder +19, und/oder -7; zeigen klonale Evolution an
Andere chronische myeloproliferative Erkrankungen
Polyzytämiavera rubra (PV) : Vermehrung der Erythrozyten; medianesÜberleben: 10-15 Jahre
IdiopathischeMyelofibrose (or Osteomyelofibrose) :progressive Fibrose des blutbildenden Knochenmarkes, extramedulläreBlutbildung, zunehmende Splenomegalie; Überleben 3-15 Jahre
Chromosomenveränderungen:
bei Erstdiagnose selten: del(20q), +8, +9, del(13q), oderpartielle Trisomie 1q
häufiger bei Transformation in akute Leukämie: fürAML oder sekundäre Leukämien typische Veränderungen(siehe unten)
EssentielleThrombozythämie (ET) : MegakaryozytäreZellreihe; Überleben etwa 10 Jahre; Chromosomenveränderungensind selten (<10%)
Dysmyelopoese: qualitative Veränderungen der myeloischenZellreihen
Klassifikation nach FAB:
Refraktäre Anämie ohneBlastenüberschuss (RA)
Refraktäre Anämie mitBlastenüberschuss (RAEB)
Refraktäre Anämie mitRingsideroblasten (RARS)
chronische myelomonozytäreLeukämie (CMML)
Daneben: sekundäre MDS (siehe sekundäre akuteLeukämien)
Chromosomenaberrationen :
del(5q)(oder-5, gleichbedeutend)
del(7q) (oder -7, gleichwertig)
+8
verschiedene Struktuveränderungen von: 11q, 12p,oder Chromosom 3
oder akute nicht-lymphatische Leukämie (ANLL)
massive Proliferation myeloischerVorläuferzellen
Chromosomenveränderungen haben prognostische Bedeutung
M0 : myeloblastisch ohneAusreifung
M1 : myeloblastisch mit geringerAusreifung
M2 : myeloblastisch mit Ausreifung
M3 : promyelozytär
M4 : myelomonozytär
M5 : monozytär
M6 : Erythroleukämie
M7 : megakaryoblastisch
Wichtigste Chromosomenaberrationen:
t(8;21)(q22;q22) :hauptsächlich bei AML, M2; Gene ETO and AML1
t(15;17)(q25;q21) :pathognomonisch für AML, M3; Gene PML und RARA; imVergleich zu anderen AML-Subtypen günstige Prognose, solangeDIC verhindert und nach aktuellen Protokollen behandelt wird(Differenzierungstherapie)
inv(16)(p13q22):pathognomonisch für AML, M4, mit Knochenmarkseosinophilie (AML,M4Eo); Gene MYH11 und CBFB; günstige Prognose: medianesÜberleben ca. 5 Jahre
t(9;22)(q34;q11): selten bei AML;meisten M1 oder M2; BCR-ABL beider Hälfte der Fälle wie bei CML (BCR-ABL-Protein von 210kDa, P210BCR-ABL), Bruch in unterschiedlichen Regionen des BCR-Gensbei der anderen Hälfte mit 7-7,5 kb m-RNA, und Produktion einesBCR-ABL-Proteins von 190 kDa (P190BCR-ABL) mit stärkererTransformationskapazität als P210BCR-ABL; sehr ungünstigePrognose
t(6;9)(p23;q34) :niedrige Spezifität; oft mit Basophilie assoziiert;Gene DEK and CAN;ungünstige Prognose
3q21-Rearrangements : assoziiertmit Thrombozytose; sehr ungünstige Prognose
11q23 Rearrangements (M4, M5,biphänotypische akute Leukämie) darunter amhäufigsten t(9;11)(p22;q23)
andere: del (20q) , +8, del(5q), del (7q), 12p-Rearrangements.
induzierte Leukämien: Leukämie nachvorausgegangener zytostatischer und/oder strahlentherapeutischerBehandlung ("Therapie-assoziiert"), oder Leukämienach beruflicher Exposition gegenüber karzinogenen(genotoxischen) Substanzen oder physikalischen Agentien
sehr ungünstige Prognose
Chromosomenaberrationen : häufig, oft komplex:
multiple Monosomien(Hypodiploidie)
del(5q)oder -5
del(7q) oder -7
Rearrangements von 6p, 12p,17p, 11q23...
Rapide Proliferation und Akkumulation von lymphatischenVorläuferzellen der B- oder T-Zellreihe,
die Immunphänotypisierung istdie Voraussetzung zur Abgrenzung von der AML, FAB M0, und erlaubtdie Bestimmung der Zellreihe, die in den malignen Prozess involviertist, sowie des Differenzierungsgrades der Leukämiezellen.
die Zytomorphologie unterscheidetALL, FAB L1 und L2, sowie L3 mit grossen Zellen vom Burkitt-Typ
--> die MIC-Klassifikation(Morphologie, Immunphänotyp, Zytogenetik) erlaubtunterschiedliche Krankheitsentitäten mit einer bestimmtenPrognose zu unterscheiden
die ALL tritt gehäuft im Kindesalter auf
t(4;11)(q21;q23) :unreife (CD19+, meist CD10-) B-Vorläuferzelle; tritt oft beiKindern auf, speziell Säuglingen (kongenitale Leukämie, <1. Lebensjahr); sehr ungünstige Prognose (medianes Überleben<1 Jahr); Stammzelltransplantation Therapie der Wahl; Gene MLL in11q23 und AF4 in4q21
andere 11q23-Anomalien;MLL -Rearrangements und gemeinsame klinische Profile
t(9;22)(q34;q11) :B-Vorläuferzelle; sehr ungünstige Prognose; aufmolekularer Ebene: ABL and BCR ;P210 bei einem Drittel der Fälle, P190 bei zwei Drittel.
t(12;21)(p12;q22) :CD10+ B-Vorläufer-ALL; Gene ETV6 und AML1
t(8;14)(q24;q32) unddie varianten Translokationen t(2;8)(p12;q24) undt(8;22)(q24;q11): t(8;14) am häufigsten; quasi pathognomonischfür die reife B-ALL vom Burkitts Typ (L3 Morphologie derBlasten); ursprünglich sehr ungünstige Prognose wurde mitneuen Therapieprotokollen deutlich verbessert; MYC in 8q24;Immunoglobulin-Schwerketten(IgH)in 14q32, oder -Leichtketten kappa(IgK)in 2p12 and lambda (IgL) in 22q11; durch die Translokationenkommt das MYC-Gen unter die regulative Kontrolle von Sequenzen, diedie Transkription von Immunglobulingenen stimulieren (in derB-Zelllinie aktiv); es resultiert eine MYC Überexpression.
t(11;14)(p13;q11),t(8;14)(q24;q11) und t(10;14)(q24;q11) : T-ALL; zu der Immunglobulinsuperfamily gehörende T-Zell-Rezeptor-Ketten (TCR delta undalpha)in 14q11; RBTN2 in11p13, HOX11 in 10q24, und MYC in 8q24; analog zur o.a.Translokation kommen die betreffenden Onkogene unter die in derT-Zelllinie aktive transkriptionelle Stimulation der TCR-Gene, waszur Überexpression führt.
del(6q) , 9p-Veränderungen , 12p-Veränderungen ,Nahezu-Haploidie, Hyperdiploidie (Hyperdiploidie <51 ;Hoch-Hyperploidie > 50 mit äusserst günstiger Prognosebei Kindern) sind weitere typische Chromosomenbefunde bei ALL.
unterschiedliche Einteilungen mitzahlreichen Kategorien gemäß Zell- und Gewebsmorphologiein Korrelation mit der Prognose sind in Gebrauch (niedrig undhochmaligne) (siehe auch Klassifikation der Nicht Hodkins Lymphme).
die chronische lymphatische Leukämie wird vonHämatologen als Leukämie und von den Pathologen alsniedrig malignes Nicht Hodgkins Lymphom angesehen.
Chronischlymphatische Leukämie (CLL): meist sehr langsamfortschreitend (10-15 Jahre), seltener rasch progrdient.
+12, 14q32 Veränderungen , del(6q) , 13q Veränderungen,del(11q), +3, +18 , Markerchromosomen; oft auch alsZusatzaberrationen.
NichtHodgkins Lymphome (NHL)
t(14;18)(q32;q21) :typisch für kleinzellige B-Zelllymphome; BCL2 (Bcell lymphoma 2) in 18q21, Gen der BCL2/BAX Familie, beteiligt ander Inhibition/Induktion von Apoptose ("programmierterZelltod"), Immunglobulin-Schwerketten (IgH) in 14q32; BCL2(Protein der inneren Mitochondrienmembran) kommt in Folge dert(14;18) unter die regulative Kontrolle von Sequenzen, die dieTranskription von Immunglobulingenen stimulieren (in der B-Zelllinieaktiv); es resultiert eine BCL2 Überexpression.
Andere14q32-Veränderungen: t(11;14)(q13;q32) isttypisch für Mantelzelllymphom
14q11-Veränderungen:T-Zelllymphome; TCR alpha und delta (T-Zell-Rezeptor) in 14q11; einim Bruchpunkt des Partnerchromosoms gelegenes (Onko)Gen wirdüberexprimiert, indem es unter die Kontrolle derTranskription-stimulierend TCR-Sequenzen gerät.
zahlreicheweitere Veränderungen; multiple und komplexe Anomalien sowieMarkerchromosomen sind häufig beim NHL.
1
#1-Rearrangements
verschiedene
2
t(2;8)(p12;q24)
Burkitts NHL/ALL
4
t(4;11)(q21;q23)
ALL
5
del(5q), -5
MDS, AML, Sekund. Leuk.
6
del(6q)
ALL, CLL, NHL
7
del(7q), -7
MDS, ANLL, Sekund. Leuk.
8
t(2;8)
s. Chromosom 2
t(8;14)(q24;q32)
Burkitts ALL/NHL
(8;14)(q24;q11)
T-ALL
t(8;21)(q22;q22)
AML, M2
verschied., myeloisch
9
CML, AML, ALL
del(9p)
+9
11
t(4;11)
s. Chromosom 4
t(11;14)(p13;q11)
t(11;14)(q13;q32)
NHL
del(11q)
MDS, AML, CLL
12
+12
CLL, NHL
t(12;21)(p12;q22)
13
del(13q)
14
t(8;14)
s. Chromosom 8
(11;14)
s. Chromosom 11
t(14;18)(q32;q21)
inv(14)(q11q32)
T-lymphatisch
15
t(15;17)(q22;q12)
AML, M3
16
16q22-Rearrangement
AML, M4
17
t(15;17)
s. Chromosom 15
i(17q)
CML
18
t(14;18)
s. Chromosom 14
20
del(20q)
myeloisch
21
t(8;21)
t(12;21)
s. Chromosom 12
22
t(8;22)
t(9;22)
s. Chromosom 9
Andere
Hypoploidie
Sekund. Leuk., ALL
Hyperploidie
Sekund. Leuk., ALL, NHL
Marker
Sekund. Leuk., CLL, NHL
Einekomplette Liste, siehe LISTof CYTOGENETIC / CLINICAL ENTITIES in HAEMATOLOGY
Fig. 1
Deutsche\334bersetzung : Harald Rieder, mit Unterst\374tzung vonKompetenznetz Leuk\344mien / Bundesministerium f\374r Bildung undForschung
Jean-Loup Huret
Atlas of Genetics and Cytogenetics in Oncology and Haematology 2022-05-17
Hematologische Krebserkrankungen
Online version: http://atlasgeneticsoncology.org/teaching/209050/hematologische-krebserkrankungen